Wohnen in Thüringen

Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen – kein Wunder also, dass es ein zentrales Thema für die Bürger und die Politik des Landes geworden ist.

Während die Leerstände in den größeren Thüringer Städten sinken, wachsen sie im ländlichen Raum.
Das Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land droht viele Wohnungsunternehmen ernsthaft zu beschädigen.
Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Wird der ländliche Raum attraktiver, entlastet das auch die Lage in den Städten.

Die Thüringer Wohnungswirtschaft fordert ein tragfähiges Gesamtkonzept auf Basis der Daten und Fakten in Thüringen – statt der Übernahme des Wohnungspopulismus aus Berlin & München.

Unser Ziel: Gemeinsam das Gut Wohnen thüringenweit nachhaltig sichern. Dazu benötigt es einen klaren, faktenbasierten Blick auf den Thüringer Wohnungsmarkt.
Unser Land braucht eine übergreifende Strategie zur Stärkung des ländlichen Raumes mit Bezug auf die Stadtentwicklung. Gemeinsam mit der Politik wollen wir verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, um bezahlbares Wohnen für alle zu ermöglichen.
Wir stehen als Partner bereit!

Unsere Forderungen übersichtlich als pdf-Dokument hier herunterladen.

Grundsteuerumlage abschaffen? Die nächste Attacke auf verantwortungsvolle Wohnungswirtschaft.

Der vtw fordert:
  • das Wesen der Grundsteuer im Auge behalten: Einsatz z.B. für Straßen, Gehwege und Schulen für alle Bürger einer Kommune
  • nicht so kurzfristig denken: spätestens mittelfristig würde die Steuer als Kostenblock in die Miete eingepreist – die Vermieter haben gar keine andere Wahl
  • Fairness für alle anstreben: bei Genossenschaften sind die Mieter die Eigentümer – wo bleibt dann deren Entlastung?
  • Szenarios bis zum Ende durchspielen, statt mit gut klingenden Parolen auf Wählerfang zu gehen: Wenn den Vermietern kontinuierlich die finanziellen Mittel gekürzt werden, fehlt das Geld für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau
  • Politiker müssen auch im Wahlkampf auf dem Boden der Verfassung und demokratischer Gepflogenheiten bleiben

Die Grundsteuer soll nur noch von Immobilieneigentümern gezahlt werden.
Mieten deckeln, Besitzer enteignen, Steuergerechtigkeit torpedieren, die Gesellschaft spalten – exakt zum 30jährigen Jubiläum des Mauerfalls wird an den Grundfesten der Republik gerüttelt.

Am 10. September 2019 hat der Berliner Senat beschlossen, die Grundsteuer auf die Vermieter abzuwälzen und brachte deshalb ein entsprechendes Gesetz in den Bundesrat ein.
Die Grundsteuer wird auf Immobilien erhoben und (noch) von den Nutzern der Immobilien – also Mieter und selbstnutzende Eigentümer – bezahlt. Was sinnvoll ist: Denn die wichtigste Einnahmequelle für Kommunen wird benötigt, um die Infrastruktur für alle Bürger – also die Nutzer der Wohnungen - zu finanzieren. Dazu gehören zum Beispiel Straßen, Gehwege und Schulen.

Die Grundsteuer ist in ihrem Wesen eine Steuer, die zwar auf Immobilien erhoben wird, aber faktisch allen Bürgern einer Kommune zu Gute kommt – und deshalb von allen bezahlt wird. Sie ist keine Vermögenssteuer, denn: Die Eigentümer der Immobilien entrichten ihrerseits bereits Steuern auf die Mieterträge der Immobilie sowie Steuern beim Erwerb und beim gewerblichen Verkauf - bzw. eine Grundsteuer, wenn sie die Immobilie oder Wohnung selbst nutzen.

Die Umlagebefreiung der Grundsteuer würde so zu einer echten Substanzbesteuerung und wäre obendrein als Eingriff in Eigentumsrechte verfassungswidrig.

Hinter der Parole ‚wir wollen den Mieter entlasten‘ verbirgt sich mangelnde Sachkenntnis mit verheerenden Folgen. Spätestens mittelfristig würde die so auf Vermieter umgelegte Steuer, die dann nichts weiter als ein Kostenblock ist, in die Miete eingepreist. Der Mieter wird nicht entlastet. Auf jeden Fall jedoch werden die Eigentümer – z.B. Genossenschaften (und damit deren Mitglieder - Thüringer Bürger) und Kommunale Unternehmen belastet. Dieses Geld fehlt für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau.

Die Thüringer Wohnungswirtschaft kämpft außerhalb der Städte mit Leerstand, niedrigen Mieten und der anstehenden Sanierungswelle.
In den Städten halten die vtw-Unternehmen Wohnungen mit überall bezahlbaren Mieten bereit.
Dies gelingt nur, in dem die Bewirtschaftungskosten niedrig gehalten werden. Die scheinbare Entlastung von der Grundsteuer würde zum Bumerang für die Mieter.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Taubert äußerte sich auf die kurze Anfrage einer Berliner Zeitung positiv zum Vorschlag des Entfalls der Grundsteuer für Mieter.
Dafür gibt es aus Sicht des vtw zwei Interpretationen:

Entweder drängen Wahlkampf und möglicher Stimmenverlust Amtsträger zu unbedachter parteipolitischer Initiative. Dies halten wir für eine gefährliche Vermengung. Vor allem wird der politische und demokratische Dialog für komplexe Sachverhalte völlig zerstört und auf eine populistische Ebene geführt. Dies beschädigt die Demokratie und macht Argumentationen gegen Populisten auf der rechten Seite unglaubwürdig.

Oder - viel bedenklicher: das Versagen des Berliner Senats bei Baupolitik wird von bestimmten politischen Kreisen genutzt, um bewusst die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit zu verschieben. Wie ständige Tabubrüche zur Polarisierung und Destabilisierung von Gemeinschaften führen, lässt sich allenthalben beobachten.

Eine Berliner Zeitung fasst den Zweck der Initiative treffend kurz zusammen: „Die Vermieter sind die Minderheit, die Mieter sind die Mehrheit. Die einen braucht man bei der nächsten Wahl, die anderen nicht. So einfach ist das.“

Gegensatz von Stadt und Land überwinden: Kooperation von Jena und dem Saale-Holzland-Kreis zeigt Möglichkeiten

Der vtw fordert:
  • Naheliegendes zusammendenken und -bringen
  • Problemfelder von Stadt und Land nicht getrennt voneinander betrachten
  • keine Preisdämpfung (Mietpreisbremse, Sozialer Wohnungsbau) für wachsende Städte (erhöht Zuzug, schwächt Umland)
  • strategische, langfristige Konzepte statt partieller Förderung für den ländlichen Raum
  • regionalen Ausgleich zwischen Stadt und Land im Blick halten

Jena / Saale-Holzland-Kreis: Naheliegendes zusammendenken und -bringen.

Das Ausbluten des ländlichen Raumes und das Wachstum der Städte hängen untrennbar zusammen. Die Problemfelder beider Wohnräume getrennt zu betrachten und lösen zu wollen, führt deshalb zu fatalen Ergebnissen.
Wachsende Städte mit Preisdämpfung (Mietpreisbremse, Sozialer Wohnungsbau) zu "unterstützen", macht die Städte noch attraktiver für Zuzügler. Das schadet doppelt: Es verstärkt die Probleme der Städte und die des ländlichen Raumes.
Parallel den ländlichen Raum mit partieller Förderung stützen zu wollen, verkennt die Dimension des Problems und läuft ebenso in die Leere. Es bedarf des strukturierten regionalen Ausgleiches zwischen Stadt und Land.

Faktisch gibt es für die Stärkung des ländlichen Raumes zwei Problemkreise: die Stärkung ländlicher Regionen – und die Stärkung von Stadtumlandregionen.
Für die Region Jena / Saale-Holzland-Kreis haben Stadt und Landkreis nach Impuls und unter Begleitung des vtw die Initiative ergriffen.
Jena verzeichnet anhaltenden Zuzug, der Saale-Holzland-Kreis anhaltenden Bevölkerungsschwund. Die naheliegende Lösung: Zusammenarbeit.
Was plausibel und einfach klingt, ist ein großes Stück harte Arbeit, die sich aber langfristig auszahlen wird.

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe hat dazu seit Anfang 2019 bereits die nötigen Handlungsfelder festgelegt.
Dies betrifft die Verzahnung von regionaler und kommunaler Entwicklung und die Abstimmung bei Planung, Entwicklung und Finanzierung von Wohnungen.

Faktisch wurden so die analytischen und praktischen Grundlagen für den Start einer Kooperation zwischen Wohnungswirtschaft, Stadt und Landkreis gelegt.
Die Bretter, die gebohrt werden müssen, sind dick – aber am Ende hilft nur machen.

Deutschland braucht die #Wohnwende. Thüringen auch.

Der vtw fordert:
  • #Wohnwende in Thüringen – mit Sinn & Verstand!
    • Wirtschaftlichkeit bei gesetzlichen Vorgaben berücksichtigen
    • Verwaltungen personell und technisch so ausstatten, dass zügige Verfahren möglich werden
    • Bedarf an sozialem Wohnraum genau analysieren & punktuell handeln
    • Anbindung ländlicher Räume an die Städte verbessern und ländliche Wohnungsmärkte stärken

„Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens darüber, was uns und dem Staat das Wohnen wert ist.“

Das ist in vielerlei Hinsicht ein zentraler Satz. Er trifft auch auf Thüringen zu. Denn die Wünsche von Bundes- und Landespolitik schlagen auch im Freistaat als Kosten des Wohnens zu Buche.
Ob energetische Vorgaben und soziale Aufgaben, die eigentlich staatlicher bzw. kommunaler Hoheit obliegen, unterbesetzte Verwaltungen oder… es sind viele Punkte, die Wohnen verteuern.
Die Krux dabei ist: Politik bestellt und verursacht, a Vermieter und Mieterber müssen die Kosten tragen.
Im Resultat wird eine immer gefährlichere gesellschaftliche Stimmung und Polarisierung erzeugt. Sie vergiftet die Atmosphäre und verdeckt die Ursachen des Problems – damit auch die Handlungsansätze.

#Wohnwende in Thüringen heißt aber vor allem – weg von Polemik und Unwahrheiten, hin zu sachlicher Politik.
Der nüchterne, vorurteilslose Blick auf die bloßen Tatsachen würde Politik und Wahrnehmung sofort von Alarmismus hin zu den wirklichen Handlungsfeldern lenken.
„Der Wohnungsmarkt in der Landeshauptstadt sei angespannt, Mieten müssten bezahlbar bleiben“ wird das TMIL im MDR zitiert.
Wenn die Mieten noch bezahlbar sind, kann der Wohnungsmarkt kaum angespannt sein. Das ist er auch nicht. Weder in Erfurt noch in Jena.

Ein Mitglied des Landtages fordert, das für Jena eine Kappungsgrenze eingeführt werde. Jena sei für Normalverdiener nicht mehr bezahlbar.
Die durchschnittliche Angebotsmiete von jenawohnen, der kommunalen Gesellschaft, beträgt im Durchschnitt 5,75 Euro/qm. 4/5 des Bestandes liegen unter dem KdU-Niveau. Für Normalverdiener nicht bezahlbar??

Eine Landtagsfraktion fordert sogar wegen „explodierender“ Mieten einen Mietendeckel für fünf Jahre.
In diesen fünf Jahren könne in den betroffenen Städten in großer Zahl preiswerte Wohnungen durch die öffentliche Hand gebaut werden, wodurch sich der Wohnungsmarkt entspannen würde.
Dass in Erfurt ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Angebot, Nachfrage und projektierten Wohnungen herrscht, interessiert nicht.
Dass im unmittelbaren Jenaer Umland erhebliche Reserven schlummern – egal.
Dass der Bevölkerungszuwachs sich abbremst – völlig irrelevant.

#Wohnwende in Thüringen heißt vor allem – sehr genau den vorhandenen Bedarf zu analysieren und punktuell zu handeln. Das heißt auf der einen Seite – zielgenauen sozialen Wohnungsbau für die Bedarfsgruppen, die es in den Städten zurzeit wirklich schwer am Wohnungsmarkt haben – wie Alleinerziehende oder große Familien. #Wohnwende für Thüringen heißt auch, das Verhältnis von Stadt und ländlichem Raum neu zu tarieren, die Anbindung ländlicher Räume an die Städte zu verbessern und die dortigen Wohnungsmärkte zu stärken.
Eine sachlich falsche, dafür umso lautere Diskussion um scheinbare Probleme der Städte lenkt dabei von den großen Problemen ab und richtet vor allem die Energie in die falsche Richtung.

Zu wenig Sozialwohnungen in Thüringen? Klingt dramatisch. Stimmt aber nicht.

Der vtw fordert:
  • Fakten berücksichtigen!
    • Thüringer Wohnungen sind so preiswert, dass es kaum zusätzlicher Sozialwohnungen bedarf
    • aufgrund fehlender Nachfrage sind viele Sozialbindungen von Wohnungen ohne Ersatz ausgelaufen
    • Sozialwohnungen werden nicht generell benötigt, sondern vor allem bei bedarfsgerechten Wohnraum für spezielle Nachfragergruppen wie Alleinerziehende oder für soziale Durchmischung – es geht um “Feinsteuerung”

Thüringen ist nicht Berlin oder München. Thüringen ist bezahlbar.

Aus Sicht der Thüringer Wohnungswirtschaft ist sozial, was bezahlbar ist. Deshalb verfügt Thüringen durch sein niedriges Mietniveau gerade im ländlichen Raum bereits jetzt über ausreichend bezahlbaren Wohnraum. Die Durchschnittsmieten (Nettokaltmiete) lagen im Bestand der vtw-Mitglieder 2018 bei 5,01 Euro die Nebenkosten bei ca. 2,25 Euro. Die Mieten stiegen dabei in den letzten 10 Jahren um durchschnittlich 1,5% pro Jahr – deutlich unter der Inflations- und Lohnsteigerungsrate.

Ein Blick auf Details macht die Lage transparenter: Auf dem Thüringer Land schwanken die Durchschnittsmieten zwischen 4,46 Euro (Hildburghausen) und 5,02 Euro (Saale-Orla-Kreis). Mit anderen Worten – die Wohnungen im ländlichen Raum sind so preiswert, dass es dort keiner zusätzlichen Sozialwohnungen bedarf! Der Grund für den Abbau vieler Sozialbindungen von Wohnungen ist die fehlende Nachfrage.

Aber auch ein genauer Blick auf die Faktenlage in den großen Städten ist hilfreich. Die Durchschnittsmieten pendeln hier zwischen 5,23 Euro (Erfurt) und 5,70 Euro (Jena). Das ist deutlich mehr, als auf dem Land. Aber allein die jenawohnen GmbH vermietet z.B. 4/5 ihrer Wohnungen zu Mieten unterhalb der KdU-Sätze – also jener Miethöhe, die Leistungsempfänger nach SGBII von der Kommune erstattet bekommen. Einer Studie des Instituts Timouro zufolge stehen in der Saalestadt aktuell für 15.000 einkommensschwache Haushalte (einem Viertel der Jenaer Haushalte) 26.000 Wohnungen zur Verfügung, die als mietpreisgebunden oder preiswert und angemessen bezahlbar gelten.

Sozialer Wohnungsbau bzw. Sozialwohnungen werden auch in Thüringen benötigt. Wir befinden uns aber im Gegensatz zu Berlin, Hamburg oder München in der vergleichsweise guten Lage einer „Feinsteuerung“.
Sozialwohnungen werden vor allem bei bedarfsgerechten Wohnraum für spezielle Nachfragergruppen wie Alleinerziehende oder für soziale Durchmischung gebraucht. Wo benötigt, investieren die vtw-Mitglieder deshalb massiv in sozialen Wohnungsbau, vor allem in Bestandsimmobilien. Die neuen Förderprogramme der Thüringer Landesregierung funktionieren sehr gut. Dem zunächst zögerlichen Mittelabfluss steht nun eine höhere Nachfrage gegenüber. Wir erwarten, dass die aktuelle Fördersumme nicht ausreichen wird.

Grundsteuerreform – Prüfstein für Wohnungspolitik

Der vtw fordert:
  • Landesregierung: Öffnungsklausel nutzen!
  • wertunabhängiges, unbürokratisches Flächenmodell auf Basis von Grundstücks- und Gebäudeflächen als Bemessungsgrundlage
  • eventuell entstehende regionale Ungleichgewichte mit kommunalen Hebesätzen ausgleichen
  • Kommunen: Augenmaß bei den Hebesätzen! Aufkommensneutralität einhalten.

Zeigen Sie, werte Politiker der Landesregierung und Kommunen, wie ernst Sie es mit Ihrer Forderung nach bezahlbarem Wohnen tatsächlich meinen – mit einer vernüftigen Ausgestaltung der Grundsteuer!

Die Berliner Regierungskoalition hat sich auf einen Grundsteuerkompromiss verständigt, der Bundestag debattiert aktuell darüber. Bis Ende des Jahres muss die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg bringen.

Gelingt dies nicht, drohen den Kommunen Steuerausfälle von über 14 Mrd. Euro, ganze Kommunen – auch in Thüringen – wären handlungsunfähig. Es steht also viel auf dem Spiel.

Der aktuelle Entwurf sieht vor, die Grundsteuer ab 2025 wertbasiert zu berechnen. Was einleuchtend klingt, erweist sich bei näherem Hinsehen als extrem schwierig. Eine Ermittlung der Grundsteuer auf Basis der Bodenrichtwerte und Nettokaltmieten, führt zur Verteuerung des Wohnens besonders in ohnehin schon teuren Lagen. Für Mieter in den Thüringer Städten würde es so teurer werden. Vor allem Mieter in Vorwende-Neubauten würden durch ein wertbasiertes Modell massiv belastet. Denn diese werden zurzeit noch nach dem alten, als verfassungswidrig erklärten Einheitswert aus dem Jahr 1935 bemessen. Die neue wertabhängige Grundsteuerberechnung würde auf der Basis höherer Durchschnittsmieten in den jeweiligen Kommunen erfolgen. Es drohen deutliche Steigerungen der Wohnkosten.

Hinzu kommt: All dies erfordert massiven Verwaltungsaufwand und birgt hohes Streitpotenzial. Im Extremfall könnte ein Gericht in fünf Jahren die komplexe Wertermittlung für verfassungswidrig erklären. Dann müssten die Kommunen die Grundsteuern zurückzahlen, ein Horrorszenario für jede Stadt und Gemeinde.

Es gibt jedoch einen Ausweg aus dem Dilemma. Jedes Bundesland kann eine vorgesehene Öffnungsklausel nutzen. So wäre es Thüringen möglich, ein wertunabhängiges unbürokratisches Flächenmodell auf Basis von Grundstücks- und Gebäudeflächen als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer zu wählen. Für diese Variante hat sich beispielsweise schon der Freistaat Bayern entschieden.

Aus Sicht der Thüringer Wohnungswirtschaft muss auch bei uns die Öffnungsklausel genutzt werden, um eine flächenbezogene Grundsteuerermittlung umzusetzen. Eventuell entstehende regionale Ungleichgewichte können dann mit dem Instrument der sogenannten „kommunalen Hebesätze“ ausgeglichen werden.

Das bedeutet, jede Kommune multipliziert das grundsätzlich ermittelte Niveau der Grundsteuer noch mit einem individuellen Satz. Genau diese Stellschraube reguliert auch die Belastungen von Eigentümern und Mietern im ländlichen Raum, die über den Flächenansatz entstehen könnten. Eine flächenabhängige Grundsteuerbemessung in Kombination mit dem kommunalen Hebesatz bildet die so die ausgeglichenste und gerechteste Erhebungsvariante.

Die Bundesregierung strebt bei der Grundsteuerreform eine Aufkommensneutralität an. Die Kommunen sollen also nicht weniger, aber auch nicht mehr als bisher einnehmen.
Der vtw fordert daher von der Landesregierung die Nutzung der Öffnungsklausel für ein Flächenmodell und von den Kommunen Augenmaß bei den Hebesätzen.
Die Politik hat jetzt die Kostensteigerung in der eigenen Hand. Sie kann entscheiden, ob sich Wohnen verteuert oder nicht.

Wohnungsmarkt-Strategie: Nur die korrekte Diagnose führt zu wirksamer Therapie!

Der vtw fordert:
  • Strategie zur Stärkung des ländlichen Raumes und zur Entlastung der Städte
    • konsistent
    • langfristig
    • ressortübergreifend
    • unter Berücksichtigung der Faktenlage in Thüringen!

Wir müssen aufpassen in Thüringen. Aufpassen, dass eine Wohnungsdiskussion zu Schlüssen, Maßnahmen und aufgeheizter Stimmung führt, die für München, Berlin oder Frankfurt angebracht wären – aber eben nicht für Thüringen.
Die Analyse aktueller Zahlen macht eine Kluft deutlich, die sich so nicht weiter entwickeln darf. Es existiert eine gefühlte Marktanspannung in den Städten – die nicht durch Daten gedeckt ist.
Die durchschnittliche Miete aller vermieteten Wohnungen der Mitgliedsunternehmen des vtw lag im Dezember 2018 bei 5,01 Euro/m² Kaltmiete (Deutschland 6,92 Euro/m²). Dies entspricht einer Mietbelastungsquote von 24 % (Deutschland 27%). Die Durchschnittsmieten stiegen im Vorjahresvergleich von 4,93 Euro/m² um 1,6 %, wesentlich bedingt durch 10 % Neuvermietung in vorwiegend Neubauten. Der Wohnungsleerstand liegt seit 2012 thüringenweit konstant bei ca. 8 %.
Die Zahlen werden allerdings erst aussagefähig, wenn man Stadt und Land separat betrachtet.


Städte – alles im Lot

So beträgt die durchschnittliche Kaltmiete in Jena 5,70 Euro/m², in Erfurt liegt sie bei 5,23 Euro/m². Jena weist dabei im Schnitt die höchste Mietbelastungsquote Thüringens von max. 30 % auf. Auch hier werden die Werte durch neu errichtete Gebäude nach oben gezogen.
Neuverträge für aktuell Wohnungssuchende beginnen in Jena und in Erfurt bei den Unternehmen des vtw bei 4,60 Euro/m². Bei Neubauten schlagen sich gestiegene Grundstücks- und Baupreise nieder, die Vermietungen zu einem Preis von ca. 9 bis 11 Euro/m² erfordern, weil sie sonst reine Verlustbringer für die Wohnungsunternehmen wären. Diese Wohnungen decken außerdem einen vorhandenen Bedarf im oberen Preis- bzw. Qualitätssegment und ermöglichen den Freizug preiswerterer Wohnungen.
Die Mieten in den Städten erreichen erstmals Höhen, die einen auskömmlichen Unterhalt (Bewirtschaftung, Instandhaltung, Neubau) des Wohnungsbestandes ermöglichen. Trotzdem bleiben sie in ganz Thüringen innerhalb der Leistbarkeitsgrenze von 30 % des Haushaltnettoeinkommens.
In Summe verfügen selbst Erfurt und Jena über Wohnraum mit absolut leistbaren Preisen. Kombiniert mit dem vorhandenen Leerstand von ca. 2-3 % und dem jährlich durch Auszüge verfügbaren Wohnraum (Fluktuationsquote, ca. 10 %) ergibt dies einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt ohne Anspannung.
Erhöhte Versorgungsaufgaben bestehen bei großen Wohnungen für Familien bzw. Segregationstendenzen in Erfurt. Letztere können nur durch Stadtteilaufwertung geheilt werden.


Ländlicher Raum – Abwärtstrend stoppen

Völlig konträr gestaltet sich die Lage im ländlichen Raum. Die Mieten bewegen sich zwischen 4,46 Euro/m² im Kreis Hildburghausen und 5,02 Euro/m² im Saale-Orla-Kreis.
Mit diesen Mieten können Gebäude nicht nachhaltig bewirtschaftet werden. Schon gar nicht können die Aufwendungen des anstehenden Sanierungszyklus bzw. nötige Neubauten für Familien oder Ältere aus diesen Mieten finanziert werden.
Da die Bevölkerung hier weiter zurückgeht, setzt sich eine Negativspirale in Gang. Sichtbar wird diese durch den ansteigenden Leerstand, trotz Rückbaus von Wohnungen. Er hat 2018 erstmalig seit 2010 wieder die 10 %-Marke überschritten – Tendenz steigend.
Der Standpunkt des vtw dazu ist klar: Gewissenhafte Politik muss sich auf die weitere Entwicklung des ländlichen Raumes konzentrieren. Hier liegt der Schlüssel für alle Wohnungsmarktprobleme – einschließlich des Vermeidens einer möglichen Anspannung in den Städten. Wer eine Krise in den Städten herbeiredet und keine Strategie für das Land liefert, handelt grob fahrlässig und gefährdet das Wohl der Thüringer.


Milliardeninvestitionen

Die Wohnungswirtschaft kommt ihrer Eigentumsverpflichtung nach. Trotz der differenzierten Lage investierten die Thüringer Wohnungsunternehmen seit 2015 ca. 1,5 Mrd. Euro. 2019 liegen die Investitionen bei ca. einer halben Milliarde Euro. Zu 90 % gehen diese Mittel als Aufträge in die regionale Wirtschaft. Jedoch: Gerade im ländlichen Raum lassen sich die nötigen Investitionen oft nicht refinanzieren. Hier benötigen die Wohnungsunternehmen zum Strukturerhalt eine Förderung durch den Freistaat.


Fakten-Zusammenfassung

- durchschnittliche Kaltmiete in Thüringen: 5,01 Euro/m² (Deutschland: 6,92 Euro/m²)
- durchschnittliche Mietbelastungsquote in Thüringen: 24 % (Deutschland: 27%)
- Erfurt und Jena: Wohnraum zu leistbaren Preisen + Leerstand von ca. 2-3 % + Fluktuationsquote ca. 10 % = gut funktionierender Wohnungsmarkt ohne Anspannung
- ländlicher Raum: steigender Leerstand (über 10% in 2018), geringe Mieteinnahmen ||| Sanierungs- und Modernisierungsbedarf von Wohnraum + Infrastruktur

GUT Wohnen. Die zweite Seite der Medaille oder der blinde Fleck.

Der vtw fordert:
  • Mietpreise müssen wirtschaftlich sein, um langfristig Bau, Erhalt und Bewirtschaftung von Wohnungen zu sichern
  • Wohnungspolitik muss die ökonomischen Rahmenbedingungen von Gebäuden berücksichtigen – orientiert an Fakten und ohne Aktionismus

Das GUT Wohnen ist in aller Munde. Nie waren Zeitungen, Talkshows, Diskussionen aller Art so angefüllt mit dem Thema Wohnen wie heute. Und natürlich wollen die Thüringer, Mieterverbände und Politik, dass alle im Lande gut wohnen können.

Gut heißt: Topqualität zu „bezahlbaren Mieten“. Den Maßstab für “bezahlbare Mieten“ bildet dabei mehr oder weniger offen ausgesprochen die sogenannte „Leistbarkeit“ von Mieten – i.d.R nicht mehr als 30% Anteil des jeweiligen Haushaltnettoeinkommens.

In den Städten bedeutet "gut" auch in "guter Lage"- was oft gleichgesetzt wird mit "zentrumsnah" bzw. direkt im Zentrum zu wohnen. Nicht zentral, ggf. in einer Großwohnsiedlung zu wohnen, bedeutet für manche Diskutanten bereits mangelnde Teilhabe am sozialen Leben und gesellschaftlichen Abstieg – welch ein Zynismus gegenüber allen, die nicht im begrenzten Raum einer Innenstadt wohnen können.

Die Debatte setzt sich fort bei der Forderung nach preiswertem, bezahlbaren Wohnraum. Ideen über Sozialwohnungen, Mietpreisbremse und Kappungsgrenze werden immer lauter, immer unbedachter geäußert. Dies, obwohl alle verfügbaren Zahlen belegen, dass wir in Thüringen bezahlbare Mieten (im Bestand sowie bei Angebotsmieten) und selbst in Jena (!) eine maximale Belastung der Haushalte von 30% des Einkommens haben.

Diese Diskussionen lassen zudem meist den ländlichen Raum völlig außer Acht - hier existieren nicht wirklich viele Forderungen, wie gutes Wohnen auszusehen hat, von Bezahlbarkeit abgesehen. Diese selektive Wahrnehmung ist nicht wirklich verwunderlich, denn die meisten Stimmen der Debatte kommen von Akteuren aus den Städten.

Woher kommt dieses Phänomen?
Werden die wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht erkannt oder verstanden?
Ist es schwer zu begreifen, dass Wohnen kostet oder Platz in Zentren limitiert ist?
Traut man den offiziellen Zahlen nicht, die nirgendwo in Thüringen kritische Mietbelastungsquoten erkennen lassen?
Gibt es keinen Zusammenhang zwischen geförderten Städten und ausblutenden ländlichen Räumen – interessieren die Menschen abseits der Städte am Ende gar nicht?

Offensichtlich konnte in der öffentlichen Debatte eine Lücke entstehen. Sie betrifft die zweite Seite der Medaille des Wohnens:

Gutes Wohnen funktioniert nur, indem Wohnen nicht nur als soziales Gut, sondern auch als ein Wirtschaftsgut betrachtet wird. Ein Gut, das für seine Funktion Aufwendungen erfordert – in Bau, Erhalt und Bewirtschaftung. Und das nur nach den harten Regeln immobilienwirtschaftlicher Gesetze, nicht aber über intensives Wünschen bewirtschaftet werden kann. Gutes Wohnen in allen Bereichen einer Stadt funktioniert nur, wenn alle Quartiere der Stadt funktionieren – dies liegt vor allem in Verantwortung der Politik. Die Wohnungswirtschaft trägt über soziale Betreuung bereits Ihren Teil dazu bei.

Vielleicht verführt auch die Länge immobilienwirtschaftlicher Zyklen dazu, die Langfristkosten eines Gebäudes zu unterschätzen. Die Notwendigkeit von Instandhaltung und Modernisierung, das Bilden von Rücklagen für Reparaturen, die nur alle 20 Jahre anfallen. Oder es hängt mit dem Austritt einer Generation aus dem Berufsleben zusammen, die in der DDR noch am eigenen Leib erlebt hat wie Wohnungsbestände verfallen, wenn Mietpreise politisch statt wirtschaftlich gebildet werden. Auf jeden Fall gilt: wird durch mangelnde Bewirtschaftung eine Wohnung ruiniert, kann sie auch niemandem mehr zur Verfügung stehen.
Das alles mag hypothetisch klingen. Aber der Berliner Mietendeckel hat fatale Ähnlichkeit mit dem Zwangsmietendeckel der DDR.
Thüringen braucht eine Wohnungspolitik mit Wissen um die ökonomischen Rahmenbedingungen von Gebäuden – orientiert an Fakten und ohne Aktionismus.